Möwenangriffe werden Walkälbern zum Verhängnis

Südliche Glattwale sind vor der Küste Argentiniens immer wieder Attacken von Dominikanermöwen ausgesetzt. Seit einiger Zeit konzentrieren sich die Vögel dabei vor allem auf die Walkälber – was einer aktuellen Studie zufolge offenbar deren Überlebenschancen schmälert.

von Niklas Kästner

Den Südlichen Glattwalen vor der argentinischen Halbinsel Valdés droht Gefahr aus der Luft (Foto: Nicolás Lewin, Instituto de Conservación de Ballenas)

Jeden Winter finden sich Südliche Glattwale (Eubalaena australis, auch Südkaper genannt) vor der argentinischen Halbinsel Valdés ein, um dort ihre Kälber zu gebären. In den 1970er Jahren wurde erstmals beobachtet, dass die Tiere dort von Dominikanermöwen (Larus dominicanus) attackiert werden: Die Vögel fliegen auf den Rücken der Wale und fressen von ihrer Haut sowie der darunterliegenden Fettschicht, dem Blubber. Dadurch entstehen nach und nach mitunter großflächige Wunden. Während dies zunächst vor allem die Walkühe betraf, greifen die Vögel seit etwa 30 Jahren verstärkt deren Nachkommen an – und das hat offenbar Folgen.

Die Möwen fressen sowohl die Haut der Wale als auch das darunterliegende Fett (Video: Mariano Sironi, Instituto de Conservación de Ballenas)

Seit der Jahrtausendwende gab es einen deutlichen Anstieg der Zahl toter Kälber in der Region und es mehren sich die Hinweise, dass die Möwenangriffe zu der erhöhten Sterblichkeit beitragen. So zeigt eine aktuelle Untersuchung von Forschenden um Macarena Agrele und Paulo Simões-Lopes: Je größer die Wunden eines Kalbs, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es vor der Halbinsel erneut gesichtet wird – was vermutlich meist daran liegt, dass es nicht überlebt hat.

Im Fokus der Möwen: Die Walkälber (Video: Nicolás Lewin, Instituto de Conservación de Ballenas)

Die Forschenden räumen zwar ein, dass nicht mehr gesichtete Tiere auch dauerhaft abgewandert sein könnten. Doch scheint dies bisherigen Erkenntnissen zufolge eher selten vorzukommen. Zudem sprechen Beobachtungen einer bisher unveröffentlichten Studie ebenfalls dafür, dass die Möwenangriffe die Überlebenschancen des Walnachwuchses verringern: Je intensiver die Attacken in einem Jahr ausfielen, desto mehr tote Kälber wurden vor der Halbinsel entdeckt.


Zur Fach-Publikation:
Agrelo, M.; Marón, C. F.; Daura-Jorge, F. G.; Rowntree, V. J.; Sironi, M.; Hammond, P. S. (…) & Simões-Lopes, P. C. (2023): Effect of kelp gull harassment on southern right whale calf survival: a long-term capture-recapture analysis. Biology Letters.

Weitere Literatur:
Maròn, C. F.; Beltramino, L.; Di Martino, M.; Chirife, A.; Seger, J.; Uhart, M.; Sironi, M. & Rowntree, V. J. (2015): Increased Wounding of Southern Right Whale (Eubalaena australis) Calves by Kalp Gulls (Larus dominicanus) at Península Valdés, Argentina. PLoS ONE 10.

Aus unserer Rubrik: „In aller Kürze“.

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