In Sydney haben Gelbhaubenkakadus gelernt, Mülltonnen zu öffnen, um sich an dem üppigen Nahrungsangebot zu bedienen. In einer aktuellen Studie berichten Forschende, wie sich das innovative Verhalten durch soziales Lernen ausbreitet – und dadurch sogar regionale Kulturen des Tonnenöffnens entstehen.
Gelbhaubenkakadus (Cacatua galerita) erobern im südöstlichen Australien zunehmend städtische Lebensräume. Im Zuge dessen entdeckten sie eine besonders ergiebige Nahrungsquelle für sich: Mülltonnen. Um daran zu gelangen, öffnen die cleveren Papageien äußerst geschickt deren Deckel. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich dieses bemerkenswerte Verhalten in wenigen Jahren über zahlreiche Gebiete des Großraums Sydney ausbreitete – indem die Tiere durch Beobachtung voneinander lernen.
Ausbreitung des innovativen Verhaltens
Um der Verbreitung der innovativen Nahrungsbeschaffung auf die Spur zu kommen, baute ein Team um Barbara Klump und Lucy Aplin auf das Mitwirken der Bevölkerung: Im Verlauf von zwei Jahren konnten Einheimische in einer Online-Umfrage angeben, ob sie schon einmal gesehen hatten, wie ein Kakadu eine Mülltonne öffnete – und falls ja, wann und wo sie es beobachtet hatten.
Die Auswertung der Befragung ergab ein beeindruckendes Bild: In nur zwei Jahren verbreitete sich das Verhalten im Großraum Sydney von ursprünglich drei Gebieten auf 44 Gebiete. Dabei erreichte es umliegende Regionen im Schnitt schneller als weit entfernte Regionen – was dafür spricht, dass sich immer mehr Kakadus die besondere Fähigkeit von Artgenossen in ihrer Umgebung abschauten.
Regionale Unterschiede
In drei Gebieten, in denen besonders viele Tiere das Tonnenöffnen beherrschten, beobachteten die Forschenden die Kakadus zudem selbst. Sie verfolgten insgesamt 160-mal, wie ein Vogel erfolgreich eine Tonne aufklappte, und erfassten dabei das geschickte Vorgehen im Detail: Zunächst hoben die Kakadus hoben den Deckel mit ihrem Schnabel oder ihrem Fuß an. Anschließend liefen sie den Mülltonnenrand entlang, bis sie den Deckel schließlich aufklappen konnten.
Interessanterweise unterschieden sich die jeweiligen Techniken im Detail teils stark zwischen den einzelnen Tieren – zum Beispiel ob sie den Deckel am Henkel öffneten, ob sie ihn mit dem Schnabel oder dem Fuß hielten und in welche Richtung sie anschließend liefen. Dabei war das Vorgehen verschiedener Kakadus umso ähnlicher, je näher die Beobachtungsorte beieinander lagen. Das lässt darauf schließen, dass sich bei der Ausbreitung des Tonnenöffnens verschiedene regionale Techniken entwickelten.
Fazit
Die Studie liefert ein faszinierendes Beispiel dafür, wie sich Tiere mithilfe innovativer Verhaltensweisen an urbane Lebensräume anpassen – und wie schnell sich eine solche Errungenschaft durch soziales Lernen verbreiten kann. In der Verhaltensbiologie wird in diesem Zusammenhang auch bei Tieren seit einiger Zeit von „Kultur“ gesprochen (Englisch: animal culture). Es bleibt äußerst spannend, wie beständig die regionalen Unterschiede beim Mülltonnenöffnen sein werden – und ob sich die Kultur der Kakadus zukünftig noch weiter ausbreitet…
Anmerkung: Inzwischen gibt es eine Folgestudie, die beschreibt, wie die Bevölkerung Sydneys versucht, ihre Mülltonnen vor Kakadus zu schützen.
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